AMK / Das BfArM hat die Fachkreise über einen Lieferengpass bei
Cisatracurium informiert. Ein Marktanteil von bis zu 95 % kann betroffen
sein und die Dauer des Engpasses ist derzeit nicht abschätzbar. Nun
veröffentlichen die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) und die Deutsche
Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) gemeinsam Empfehlungen für den Einsatz von Cisatracurium.
Das nicht-depolarisierende Muskelrelaxans Cisatracurium ist u. a.
relevant für die Behandlung von COVID-19-Patienten und steht in
Deutschland auf der Liste der Wirkstoffe, deren Bedarf wegen Behandlung
von COVID-19-Patienten mit schwerstem ARDS (Acute Respiratory Distress
Syndrome) bei Vollauslastung der vorhandenen Intensiv-Kapazitäten bis
auf maximal 200 % gegenüber dem Normalbedarf (2019) auf
Intensivstationen erhöht ist. Eine Relaxierung mit Cisatracurium wird
bei schwerstem ARDS für eine 48-stündige Initialphase der ARDS-Therapie
empfohlen.
Weitere zugelassene Arzneimittel aus der
Substanzklasse der nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien sind neben
Atracurium und Vecuronium, die in der WHO-Liste der unentbehrlichen
Arzneimittel stehen, auch Rocuronium, Mivacurium und Pancuronium.
Cisatracurium kann aufgrund seines besonderen Abbauwegs auch bei
Patienten mit renaler und hepatischer Insuffizienz eingesetzt werden.
Die Fachgesellschaften empfehlen nun folgende Maßnahmen im Falle eines Engpasses:
- Im
Rahmen der Intensivtherapie von COVID-19 Patienten kann bei der
Indikation zur Relaxierung alternativ auf Atracurium zurückgegriffen
werden.
- Äquieffektive Alternativen zur Relaxierung während
Operationen sind bei Dosierung entsprechend der Fachinformationen
(alphabetische Reihenfolge):
Atracurium, Mivacurium, Pancuronium. Rocuronium und Vecuronium. - Der Einsatz von Cisatracurium für Operationen soll auf Patienten mit renaler oder hepatischer Insuffizienz konzentriert werden.
- Bei
zu operierenden Patienten mit renaler Insuffizienz ist Cisatracurium
das Mittel der Wahl. Werden andere nicht-depolarisierende
Muskelrelaxantien angewendet, muss die Dosierung dem Ausmaß der
Niereninsuffizienz angepasst werden.
- Alternative bei Patienten
mit hepatischer Insuffizienz ist die dosisadaptierte und
indikationsentsprechende Gabe der oben aufgeführten
nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien.
Die AMK bittet ApothekerInnen versorgte Einrichtungen bzw. Stationen angemessen zu informieren.
Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken im Zusammenhang mit dem
Lieferengpass von Cisatracurium sowie beim Einsatz entsprechender
therapeutischer Alternativen sind bitte unter
www.arzneimittelkommission.de zu melden. /
Quellen
BfArM;
Cisatracurium: Empfehlung der AWMF und DGAI vom 26.11.2020. www.bfarm.de
→ Arzneimittel → Arzneimittelzulassung → Arzneimittelinformationen →
Lieferengpässe (Zugriff am 1. Dezember 2020)