AMK / Nachdem das Oberverwaltungsgericht NRW den Widerruf der
Zulassungen Kava-Kava (Piper methysticum)-haltiger Arzneimittel
aufgehoben und gleichzeitig ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis
seinerzeit im Verkehr befindlicher Produkte festgestellt hatte, ordnet
das BfArM nun per Bescheid die Änderung der Produktinformationen, die
Beschränkung der Packungsgröße sowie zusätzliche
Patienten-Schulungsmaterialien und qualitätssichernde Auflagen für die
Produkte an (1).
In die Fachinformationen sind folgende sicherheitsrelevante Hinweise
und Informationen zur Anwendung neu aufzunehmen beziehungsweise zu
ergänzen:Kava-Kava-haltige Arzneimittel sind bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren kontraindiziert.
- Die
maximale Tagesdosis bei Erwachsenen beträgt 200 mg Kavapyrone. Die
übliche Behandlungsdauer beträgt einen Monat, maximal zwei Monate.
- Im
Zusammenhang mit der Einnahme von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln ist
auf Berichte über Einzelfälle von Leberschäden bis hin zu Leberversagen
mit lebensbedrohlichem Ausgang (einschließlich Todesfällen) hinzuweisen,
wobei ein Kausalzusammenhang im Einzelfall nicht sicher belegt ist.
- Patienten
sollten darauf hingewiesen werden, dass die Einnahme sofort zu beenden
und ein Arzt aufzusuchen ist, wenn Zeichen einer Leberschädigung (zum
Beispiel Gelbfärbung von Haut oder Augen, dunkler Urin, starke Schmerzen
im Oberbauch, Appetitverlust) auftreten.
- Zur Vermeidung von
Leberschäden müssen die Leberwerte (GPT und γGT) vor Beginn der
Behandlung und während der Behandlung einmal wöchentlich bestimmt
werden. Zudem wird die Bestimmung der genannten Leberwerte am Ende der
Behandlung empfohlen.
- Bei der Anwendung von Kava-Kava-haltigen
Arzneimitteln können Wechselwirkungen mit potenziell hepatotoxischen
Arzneimitteln sowie mit Arzneistoffen auftreten, die über das
CYP2D6-Isoenzym metabolisiert werden oder dieses Isoenzym hemmen, wie
zum Beispiel Betarezeptorenblocker, bestimmte Antidepressiva und
Arzneimittel zur Migränetherapie.
- Der gleichzeitige Konsum von Alkohol ist zu vermeiden.
Zusätzlich zu den Änderungen in den Fach- und Gebrauchsinformationen
hat das BfArM die Zulassungen mit der Auflage verbunden,
Schulungsmaterialien für die Patienten in Form eines Patientenheftes
(inklusive Erinnerungskarte für regelmäßige Blutuntersuchungen) zur
Verfügung zu stellen.
Das BfArM beschränkt die Packungsgrößen auf 30 Tagesdosen bei einer
maximalen Tagesdosis von 200 mg Kavapyronen. Bezüglich der Kennzeichnung
sind die Bestimmungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)
Anlage 1 entsprechend des Abgabestatus einzuhalten. Fertigarzneimittel
mit Kava-Kava-Wurzelstock oder seinen Zubereitungen, ausgenommen in
homöopathischen Zubereitungen zur oralen Anwendung nach der
Herstellungsvorschrift 26 des Homöopathischen Arzneibuches, sind
verschreibungspflichtig.
In dem Bescheid weist das BfArM auf die Sicherstellung der Qualität
der Ausgangsdroge durch die betroffenen Zulassungsinhaber hin. Danach
ist durch geeignete analytische Verfahren sicherzustellen, dass
ausschließlich Noble-Kava-Stämme verwendet werden.
Auf den südpazifischen Inseln werden seit Jahrhunderten verschiedene
Kava-Kava Stämme kultiviert, die durch den traditionellen Anbau zur
Entwicklung unterschiedlicher Chemotypen geführt haben. Diese
unterscheiden sich vorwiegend in der Zusammensetzung der Kavalactone
(Kavain, Dihydrokavain, Methysticin, Dihydromethysticin, Yangonin,
Desmethoxyyangonin). Nach Europa dürfen lediglich Sorten von
Noble-Kava-Stämmen, wie zum Beispiel »Borogu« und »Kelai« exportiert
werden, die durch relativ hohe Anteile von Kavain und Dihydrokavain
charakterisiert sind, wohingegen Piper wichmanni (»Wild-Kava«) und
Kultivare von Nicht-Noble-Kava wie zum Beispiel »Tudei»und »Medicinal«
zwar volksmedizinisch im Südpazifik angewendet, jedoch nicht ausgeführt
werden dürfen (2). Eine eigene Monografie für die Ausgangsdroge ist
deshalb der Behörde vorzulegen. Die Methoden der zurückgezogenen
DAC-Monografie Kava-Kava-Wurzelstock aus dem Jahr 1998 werden vom BfArM
als nicht ausreichend angesehen (1).
Derzeit befinden sich noch keine Kava-Kava (Piper
methysticum)-haltigen Fertigarzneimittel im Markt, die diese
Sicherheitsauflagen erfüllen. Im Verkehr sind derzeit nur homöopathische
Arzneimittel mit Piper methysticum in Dilutionen von D5 und darüber.
Die betroffenenen Zulassungsinhaber können gegen diesen Bescheid
innerhalb eines Monats Rechtsmittel einlegen, jedoch haben diese keine
aufschiebende Wirkung. Sofern eine Vermarktung beabsichtigt ist, dürfen
Zulassungsinhaber selbst im Fall der Einlegung von Rechtsmitteln nicht
entgegen den angeordneten Auflagen Arzneimittel mit Kennzeichnungen,
Gebrauchs- und Fachinformationen in Verkehr bringen, die den Inhalten
dieses Bescheides nicht entsprechen.
Da Kava-Kava derzeit auf der Liste der bedenklichen
Rezepturarzneimittel geführt wird, wird die AMK eine entsprechende
Aktualisierung der Liste der bedenklichen Rezepturarzneimittel (Stand
Mai 2015) vornehmen (www.arzneimittelkommission.de). /
Quellen-
BfArM
an Stufenplanbeteiligte (Korrespondenz): Bescheid zum
Stufenplanverfahren: Kava-Kava (Piper methysticum)-haltige Arzneimittel
sowie unter www.bfarm.de - Arzneimittel - Pharmakovigilanz -
Risikoinformationen - Risikobewertungsverfahren (28. August 2015)
- Sarris,
J., et al.; Re-introduction of Kava (Piper methysticum) to the EU: Is
there a Way forward? Planta Med. 2011, (77) 107-110