AMK / Aktuell erhält die AMK vermehrt Anfragen bezüglich sogenannter
SARS-CoV-2-Antikörper-Schnelltests, die neben Arztpraxen auch durch
Apotheken bezogen werden können.
Das Testprinzip basiert auf der
Detektion von IgM- und IgG-Antikörpern, die gegen das SARS-CoV-2-Virus
gerichtet sind. Die Testsysteme sind nur für den Gebrauch durch
Fachpersonal vorgesehen.
IgM-Antikörper werden in der Frühphase
einer Infektion gebildet; im späteren Verlauf erfolgt ein Klassenwechsel
zu IgG-Antikörpern. Spezifische, gegen das Virus gerichtete Antikörper
sind frühestens eine Woche nach Erkrankungsbeginn nachweisbar, in der
Regel sogar erst nach 14 Tagen. Gesicherte Erkenntnisse zu dieser
Serokonversion liegen für SARS-CoV-2-Infektionen noch nicht vor. Erste
Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass diese zeitlich ähnlich
verläuft wie bei der SARS-CoV-Infektion in 2002-2004 (1, 2).
Antikörpertests sind somit nur bedingt geeignet eine Infektion
aufzuzeigen, da diese vorhanden sein kann, ohne dass sich bereits
Antikörper detektieren lassen. Ein negatives Testergebnis kann nicht
ausschließen, dass der Patient zum Zeitpunkt der Testung eine
SARS-CoV-2-Infektion aufweist und bereits infektiös ist. Hier besteht
das Risiko, gebotene Hygienemaßnahmen zu vernachlässigen. Ausgeschlossen
werden kann zudem nicht, dass bereits vorhandene Antikörper gegen
andere Coronaviren eine Kreuzreaktivität verursachen, also zu einem
falsch-positiven Testergebnis führen (1).
Die „Genauigkeit“ der
derzeit angebotenen Antikörper-Tests, angegeben als Sensitivität und
Spezifität, wurde häufig nur auf der Basis von kleinen Probenmengen in
einzelnen Laboren ermittelt, die es unabhängig zu verifizieren gilt.
Dabei bedeutet eine Sensitivität von z. B. 85 %, dass in 15 von 100
Testungen ein falsch-negatives Ergebnis auftritt, also eine Infektion
stattgefunden hat, ohne dass Antikörper detektiert wurden. Bei einer
Spezifität von z. B. 95 % sind 5 von 100 Testungen falsch-positiv,
obgleich der Mensch nicht mit SARS-CoV-2 infiziert war.
Medizinprodukte wie die Antikörper-„Schnelltests“ werden zurzeit als
In-Vitro-Diagnostika (IVD) niedrigen Risikos eingestuft (Liste B).
Dadurch ist es erlaubt, auf eine unabhängige Überprüfung zu verzichten.
Die Tests können durch die Hersteller selbst zertifiziert und mit einem
CE-Kennzeichen versehen werden. Eine Validierung der Tests gilt daher
nicht als gesichert (3). Zudem wurden Fälschungen bekannt, vor denen
auch die WHO jüngst warnte (4).
Das RKI sowie Fachgesellschaften
lehnen die alleinige Akutdiagnostik mithilfe dieser „Schnelltests“ ab
(5, 6). Eine breite Testung auf SARS-CoV-2 spezifische Antikörper kann
hingegen für epidemiologische Fragestellungen sinnvoll sein, wie der
Erfassung der Serokonversionsrate in der Bevölkerung, um den Stand der
Immunisierung abzuschätzen.
Als Goldstandard zum Nachweis einer
Infektion mit SARS-CoV-2 gelten weiterhin
Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT), wie die hoch-sensitive
real-time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Im Gegensatz zu den o. g.
Testsystemen, wird hier das Erbgut (RNA) des Virus direkt nachgewiesen.
Bei einem Verdacht auf eine Infektion sollten daher die amtlich
empfohlenen Testverfahren durchgeführt werden.
Die AMK bittet
daher ApothekerInnen Kunden bzw. Patienten, die sich über eine Testung
von SARS-CoV-2-Antikörpern informieren möchten, angemessen über die
Limitationen der Testsysteme aufzuklären. Weiterhin sollten Patienten
bei Verdacht auf COVID-19 an die lokalen Gesundheitsämter verwiesen
werden, um die Notwendigkeit einer laboranalytischen Testung zu prüfen.
Diese sollte nicht durch einen Antikörper-„Schnelltest“ ersetzt werden. /
Quellen
1)
Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM e.V.) und Berufsverband der
Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI
e.V.); Abstrich-Untersuchungen mit etablierten PCR-Verfahren bleiben das
Mittel der Wahl. Pressemitteilung vom 6. März 2020. www.alm-ev.de →
Presse (Zugriff am 8. April 2020)
2) Xiao DAT et al. Profile of
specific antibodies to SARS-CoV-2: the first report [published online
ahead of print, 21 Mar 2020]. J Infect. 2020; S0163-4453 (20) 30138-9.
3) PEI; COVID-19-Tests: NAT-Test gilt als Goldstandard. www.pei.de → Newsroom → Meldungen (Zugriff am 8. April 2020)
4) WHO; Falsified medical products, including in vitro diagnostics,
that claim to prevent, detect, treat or cure COVID-19. www.who.int →
Newsroom (Zugriff am 8. April 2020)
5) Robert Koch-Institut;
Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2.
www.rki.de/covid-19 → Antworten auf häufig gestellte Fragen → Wie wird
eine Infektion mit SARS-CoV-2 labordiagnostisch nachgewiesen? (Zugriff
am 8. April 2020)
6) ALM e.V.; Mehr als eine Million
SARS-CoV-2-PCR-Tests in den deutschen Laboratorien. Pressemitteilung vom
7. April 2020. www.alm-ev.de → Presse (Zugriff am 8. April 2020)