AMK / Die AMK hat im Zeitraum von März 2000 bis Ende November 2017
insgesamt 18 Berichte aus ebenso vielen Apotheken zu überwiegend
schwerem Nasenbluten unter der Einnahme von Sinupret® forte (n=5) und
Sinupret® extract (n=13), überzogene Tabletten, erhalten. Dabei häuften
sich die Meldungen nach der Markteinführung von Sinupret® (S.) extract
seit dem Jahr 2012.
S. extract ist für eine bis zu 14-tägige
Behandlung einer akuten, unkomplizierten Entzündung der Nasennebenhöhlen
(Sinusitis) ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen (1). S. forte ist
zusätzlich bei chronischer Sinusitis indiziert (2). Die Arzneimittel
enthalten ein Pulvergemisch aus Enzianwurzel, Primel- und Holunderblüten
sowie Ampfer- und Eisenkraut (S. forte), beziehungsweise einen
getrockneten ethanolischen Auszug hieraus (S. extract). Zum bekannten
Risikoprofil gehören insbesondere allergische Reaktionen mit teilweise
schwerwiegenden Verläufen (3). Nasenbluten ist bislang weder als
Nebenwirkung in der Fach- und Gebrauchsinformation aufgeführt, noch in
klinischen Studien beobachtet worden.
Die vom Nasenbluten
betroffenen Patienten waren zur Hälfte männlich und im Median 58 (14 bis
83) Jahre alt. In zwei Fällen fehlten Angaben zum Alter und Geschlecht.
Das Nasenbluten wurde zweimal mit „extrem“ bzw. „sehr stark“ und in
acht weiteren Fällen, bei denen zweimal ein notärztlicher Einsatz
erfolgte, mit „stark“ beschrieben. Bei zwei Drittel der Fälle setzte das
Nasenbluten innerhalb des ersten Therapietages ein. Die Blutungsdauer
wurde in der Hälfte der Fälle berichtet und betrug im Median 24h,
maximal 72h; teilweise mit Unterbrechung.
Eine Begleitmedikation
wurde in sieben Berichten erfasst. Mit je zwei Nennungen wurden
Arzneimittel mit ätherischen Ölen, nichtsteroidalen Antirheumatika
(NSAR) und Levothyroxin am häufigsten genannt. Bei vier Patienten wurde
eine blutdrucksenkende Begleitmedikation angegeben. Von diesen nahmen
zwei zusätzlich ASS 100 mg bzw. Metamizol ein. In einem weiteren Fall
erfolgte die bedarfsweise Einnahme von Ibuprofen.
Für die
Kausalität der Beobachtungen spricht der enge zeitliche Zusammenhang
sowie die Tatsache, dass in neun von 18 Fällen S. extract/forte das
einzig genannte Arzneimittel war und in acht Fällen ausschließlich für
S. extract/forte ein kausaler Zusammenhang mit der Blutung vermutet
wurde. Überdies führte das Nasenbluten in 16 Fällen zu einem
Therapieabbruch, woraufhin die Blutung in allen Fällen sistierte. In
einem Fall erfolgte eine erneute Einnahme von S. extract und eines
schleimhautabschwellenden Nasensprays, woraufhin eine Verschlechterung
der beobachteten UAWs, unter anderem starkes Nasenbluten, einsetzte.
Dennoch
könnte auch die Sinusitis selbst als Indikationsgebiet von S.
extract/forte, ursächlich an den Blutungsereignissen beteiligt sein und
eine Scheinkausalität begründen. Mangels entsprechender Untersuchungen
(3) können zudem Interaktionen zwischen den S.
extract/forte-Formulierungen und der Begleitmedikation nicht
ausgeschlossen werden.
Die akute Sinusitis heilt spontan bei 60 –
80 % der Patienten ohne medikamentöse Therapie innerhalb von 2 Wochen
aus. Bei chronischer Sinusitis (Beschwerden dauern länger als 12 Wochen
an) ist die Evidenz für eine Empfehlung zur Anwendung von Phytopharmaka
derzeit unzureichend (4). Da ein kausaler Zusammenhang zwischen schwerem
Nasenbluten und der Anwendung von S. extract/forte derzeit nicht
auszuschließen ist, empfiehlt die AMK ApothekerInnen gemeinsam mit dem
Patienten den Nutzen und die potentiellen Risiken der Behandlung
abzuwägen. Patienten mit Symptomen einer Sinusitis und
blutungsfördernder Begleitmedikation oder arterieller Hypertonie sollten
bei der Beratung zu S. extract/forte-Zubereitungen auf das Risiko von
Nasenbluten hingewiesen werden. Bei Auftreten von Nasenbluten sind die
Phytopharmaka abzusetzen und ein Arzt zu konsultieren (1). /
Quellen
1) Bionorica SE. Fachinformation Sinupret® extract, Stand Oktober 2015.
2) Bionorica SE. Fachinformaton Sinupret® forte, Stand August 2016.
3) N.N. Netzwerk aktuell. Überempfindlichkeitsreaktionen auf Sinupret-Zubereitungen. a-t (2016) 47(11): 109.
4) 2Sk-Leitlinie Rhinosinusitis, finale Version 07.04.2017; AWMF-Register-Nr. 017/049 (DGHNO-KHC) und 053-012 (DEGAM). Unter:
www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/017-049.html