AMK / Die AMK erhielt aus Apotheken seit Dezember 2023 drei
Verdachtsmeldungen zu Dosierungsproblemen bei Dropizol (eingestellte
Opiumtinktur) 10 mg/ml Tropfen zum Einnehmen. Diese berichten, dass die
Flasche nicht tropft, sich nicht komplett entleeren lässt oder die
Tropfengröße stark schwankt. Diese Beanstandungen traten meist nach
längerer Anwendung auf. Bereits in 2021 und 2022 wurden drei ähnliche
Fälle schwankender Tropfengröße an die AMK gemeldet.
Dropizol
wird zur Behandlung schwerer Durchfälle bei Erwachsenen eingesetzt, wenn
durch Anwendung anderer Antidiarrhoika keine ausreichende Wirksamkeit
erzielt wird. Die Dosierung erfolgt gemäß Fachinformation tropfenweise
(1).
Im Auftrag der AMK untersuchte das Zentrallaboratorium
Deutscher Apotheker e. V. (ZL) die Tropfer bei vorliegenden Mustern aus
zwei Apotheken sowie ein weiteres Präparat, das hierzu separat bezogen
wurde. Das ZL bestätigte den geschilderten Sachverhalt.
Bei einem
Muster waren der Luft- und Tropfkanal des Senkrecht-Tropfers durch
Ausfällungen teilweise verstopft. Ausflockungen lagerten sich auch an
der Flaschenwand ab. Das ZL verweist diesbezüglich auf die
Rezepturhinweise des DAC/NRF für eingestellte Opiumtinktur, dass bei
Drogenauszügen ein hohes Risiko besteht, dass die feinen Öffnungen im
Tropfeinsatz durch Fällungen aus der Tinktur oder dem Extrakt verstopfen
und dadurch die Dosierbarkeit beeinträchtigt wird. Zudem ist laut
DAC/NRF die Verwendung einer graduierten Kolbenpipette aufgrund der
höheren Genauigkeit der Dosierung nach Volumen gegenüber einer Dosierung
nach Tropfen zu bevorzugen (2).
Weiter stellte das ZL fest, dass
sich die Flaschen durch Austropfen nicht vollständig entleeren lassen,
wobei eine Restmenge von mindestens 1 ml verbleibt. Gegen Ende der
Austropfversuche erhöhte sich die Tropfgeschwindigkeit so stark, dass
eine korrekte Zählung der Tropfen kaum noch möglich schien.
In
Zusammenschau der gemeldeten Verdachtsfälle aus Apotheken und den
Laborbefunden des ZL scheint die gewählte Dosierung über eine
Tropfmontur während der 4-wöchigen Haltbarkeitsfrist (nach Anbruch)
keine ausreichende Dosiergenauigkeit zu gewährleisten. Da es sich bei
eingestellter Opiumtinktur um ein Betäubungsmittel handelt und
Ausfällungen sowie das Risiko des Verstopfens einer Tropfmontur durch
Fällung bekannt sind, erscheint ein stabileres Dosiersystem (z. B.
Dosierpumpe, Kolbenpipette, Oralspritzen mit SI-Einheiten) zur
Gewährleistung der Dosiergenauigkeit und damit der Patientensicherheit
sinnvoll. Zur Anpassung der Dosierhilfe hat sich die Firma bislang
jedoch nicht geäußert (3).
Der pharmazeutische Unternehmer
bestätigte mittels Stellungnahme gegenüber der AMK, dass die
Verstopfungen durch Produktreste im Tropfer verursacht werden, was zu
einem erhöhten Anlaufwiderstand und einer Verringerung der
Tropfgeschwindigkeit führt. Diese Probleme treten besonders nach
längerem Gebrauch der Flasche auf. Bei der Untersuchung vergleichbarer
Fälle stellte die Firma zudem fest, dass sich durch eine Änderung der
Handhabung – die Flasche vollständig in die geschlossene Hand zu nehmen –
die Tropfgeschwindigkeit (wieder) erhöhen lässt. Der leichte Anstieg
der Temperatur durch die Körperwärme reiche aus, um den Widerstand des
Tropfers zu überwinden (4). Dieser Hinweis wurde bislang nicht in die
Gebrauchsinformationen aufgenommen (5), daher kann er bei einer Beratung
in der Apotheke nur unter Vorbehalt berücksichtigt werden. Eine
Aktualisierung der Gebrauchs- und Fachinformation, die alle notwendigen
Hinweise zur sicheren Tropfenentnahme und Lagerung enthält, hat die AMK
daher eingefordert.
Zum Risiko unerwünschter (schwerwiegender)
Nebenwirkungen aufgrund einer Fehldosierung durch unregelmäßige
Tropfgeschwindigkeit und/oder Tropfengröße äußerte sich die Firma
gegenüber der AMK bislang nicht (3). Die AMK bittet daher Apothekerinnen
und Apotheker, Patienten zur korrekten Dosierung von Dropizol zu
beraten und angemessen zu Symptomen einer eventuellen Überdosierung wie
Atemdepression, Somnolenz oder Bradykardie, aufzuklären. Risiken im
Zusammenhang mit der Anwendung von Opiumtinktur-haltigen Arzneimitteln
sind bitte unter www.arzneimittelkommission.de zu melden. /
Quellen
1) Pharmanovia A/S; Fachinformation Dropizol 10 mg/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung, Stand: 15. Juli 2022.
2) DAC/NRF; Rezepturhinweise zu Opium. www.dac/nrf.de → DAC → NRF-Wissen → Rezepturhinweise (Zugriff am 15. August 2024)
3) Korrespondenz, AMK an Pharmanovia A/S (E-Mail-Korrespondenz); AMK Fall Nr. […]. (15. August 2024)
4) Stellungnahme, Firma an AMK (E-Mail-Korrespondenz); RE: C-22-42: AMK-[…]_ DROPIZOL 10 mg/ml Opiumtinktur. (7. Juli 2022)
5) Pharmanovia A/S; Gebrauchsinformation Dropizol 10 mg/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung, Stand: August 2022.