In dieser Rubrik finden Sie nicht nur neue Arzneimittel aufgelistet, sondern auch die aktuellen Nachrichten der Arzneimittelkommission (AMK), wie z. B. Rückrufe oder Rote-Hand-Briefe. Sie können außerdem in unserem Archiv gezielt nach früheren Informationen suchen.

Wichtige Arzneimittelinformationen

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KategorieProduktWirkstoffHerstellerPZNsDatum
ChargenrückrufLevodopa / Benserazid Devatis 100 mg / 25 mg TablettenLevodopa / BenserazidDevatis1685668325.03.2024
HerstellerinformationPfizer Pharma21.03.2024
Herstellerinformation20.03.2024
ChargenrückrufPantoprazol Heumann 20 mg magensaftresistente TablettenPantoprazolHeumann Pharma & Co. Generica KG0586033920.03.2024
HerstellerinformationAmitriptylin Micro Labs 66,29 mg FilmtablettenMicro Labs18.03.2024
ChargenrückrufDuloxetin betaDuloxetinbetapharm Arzneimittel18.03.2024
ChargenüberprüfungenSpasmovowen®Atropa belladonna D4, Carbo vegetabilis D8, Citrullus colocynthis D4 und weitereWeber & Weber0329999115.03.2024
ChargenrückrufDuloxetin GlenmarkDuloxetinGlenmark Arzneimittel1132337314.03.2024
Rückrufe allgemeinVYEPTI®EptinezumabLundbeck1843867114.03.2024
Herstellerinformation13.03.2024
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KategorieTitelDatum
Information der Institutionen und BehördenÄquivalenzdosistabellen als Hilfestellung zur Auswahl eines pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittels (Aut-simile) 28.04.2020
Information der Institutionen und BehördenPEI: Kurzfristige Beschaffung einer Charge Prevenar 13® in englischer Aufmachung 28.04.2020
Information der Institutionen und BehördenPRAC: Ibuprofen-haltige Arzneimittel: Risiko für akute generalisierte exanthemische Pustulose 23.04.2020
Information der Institutionen und BehördenPEI: Bläschenförmige Hautreaktionen nach Shingrix® (▼)-Impfung: Aufruf zur Teilnahme an Beobachtungsstudie 21.04.2020
Information der Institutionen und Behörden„Schnelltests“ auf SARS-CoV-2-Antikörper: Risiko von Fehlinterpretationen 09.04.2020
Information der Institutionen und BehördenBfArM: Sicherstellung der Versorgung chronisch Kranker mit Hydroxychloroquin-haltigen Arzneimitteln durch Verordnung unter Angabe einer zugelassenen Indikationen 03.04.2020
Information der Institutionen und BehördenAMK: Übersicht zu den zentral beschafften Arzneimitteln zur (Off-Label) Behandlung von COVID-1901.04.2020
Information der Institutionen und BehördenPEI: Kurzfristige Beschaffung von 2 Chargen Pneumovax® 23 aus Japan mit begrenzter Haltbarkeit01.04.2020
Information der Institutionen und BehördenDie neue Ausgabe des „Bulletin zur Arzneimittelsicherheit“ ist da! 31.03.2020
Information der Institutionen und BehördenBMG: Zentrale Beschaffung von Arzneimitteln zur Therapie schwerwiegender Verläufe COVID-19 infizierter Patienten und Verteilung an Apotheken durch die Bundeswehr24.03.2020

Information der Institutionen und Behörden

AMK: Beurteilung von Rezepturarzneimitteln mit ungenügend untersuchten Stoffen am Beispiel von 3-Brompyruvat

Datum:
30.01.2018

AMK / Im Sommer 2016 verstarben innerhalb kurzer Zeit drei Krebspatienten eines Heilpraktikers in Nordrhein-Westfalen; alle drei hatten 3-Brompyruvat (3-BP) auf unbekannte Weise als Arzneimittel erhalten. Die Zubereitungen waren vom Heilpraktiker selbst hergestellt worden. Offenbar wurden im gleichen Zeitraum zwei weitere Patienten mit 3-BP behandelt. Ein möglicher Zusammenhang der Todesfälle mit 3-BP wird noch immer staatsanwaltschaftlich untersucht; Medienberichten zufolge sollen Verunreinigungen von 3-BP nicht verantwortlich gewesen sein.
Zur Beurteilung von Rezepturarzneimitteln mit ungenügend untersuchten Stoffen sind Daten zum Stoff, besonders zu möglichen Risiken, zur Dosierung beziehungsweise Konzentration und die vorgesehene Indikation von Bedeutung:

  • 3-BP ist ein Derivat der Brenztraubensäure (Anion: Pyruvat), die bei der Glykolyse und beim Fettabbau entsteht: Unter aeroben Bedingungen wird Pyruvat durch oxidative Decarboxylierung in Acetyl-Coenzym A umgewandelt, das anschließend über den Citratzyklus und die Atmungskette unter Energiegewinn zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut wird; unter anaeroben Bedingungen wird sie zu Lactat verstoffwechselt.

  • Das bromierte Derivat 3-BP hemmt die Hexokinase II, die den ersten Schritt der Glykolyse katalysiert, sowie weitere Enzyme der Glykolyse. Dadurch könnte es relativ selektiv die Energieproduktion von Krebszellen hemmen, denn diese bevorzugen als Energiequelle den raschen Abbau von Glucose ohne Sauerstoffzufuhr (Warburg-Effekt). In vitro und in Tierversuchen wurden daher die zytotoxischen Wirkungen von 3-BP untersucht. In verschiedenen Tiermodellen zeigte 3-BP deutliche tumorspezifische antitumorale Wirkungen – eine rasche Eradikation – »ohne toxische Effekte« (1, 2). Der Mechanismus dieser Wirkung in experimentellen Tumorstudien ist aber ungeklärt, da 3-BP außer der Hemmung der Glykolyse weitere Effekte zeigt. Auch über die Pharmakokinetik von 3-BP ist wenig bekannt. Ein Kommentar weist darauf hin, dass 3-BP rasch zu 3-Hydroxypyruvat zerfällt (3). Bei physiologischen Bedingungen (pH, Temperatur) hatte 3-BP, konzentrationsunabhängig, eine Halbwertszeit von etwa 77 Minuten.

 

Bisher hat keine (Bundesober-)Behörde 3-BP nach Paragraf 5 AMG als bedenklich eingestuft. Überdies existieren keine 3-BP-haltigen Fertigarzneimittel, bei denen die Zulassung widerrufen wurde oder ruht. 2013 hat die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA der Firma Pre­Science Labs eine »Investigational New Drug Application« für 3-BP (»PSL-001«) zugestanden und damit die klinische Prüfung Phase I erlaubt – so eine Pressemitteilung dieser Firma. Sie habe Programme für die klinische Entwicklung von PSL-001 gegen Pankreas-, Brust-, Lungen- und Ovarialkrebs erstellt, die 2015 beginnen sollten, offenbar mit einer mit Cyclodextrin mikroverkapselten Formulierung von 3-BP. Seit 2015 gibt es allerdings keine neuen Informationen auf der Homepage (www.presciencelabs.com).


In zwei publizierten Fällen wurde 3-BP bei Patienten eingesetzt: Ein 28-jähriger Patient mit fortgeschrittenem metastasierenden Melanom erhielt intravenöse 3-BP-Infusionen (1-2,2 mg/kg) mit geringer Wirksamkeit (4). Ein weiterer Patient, ein 16-Jähriger mit einem fibrolammellären hepatozellulären Karzinom und ungünstiger Prognose, erhielt eine nicht näher angegebene, spezielle und patentierte Formulierung von 3-BP intraarteriell als Bolusgabe, gefolgt von einer kurzen Embolisation, so dass in kurzer Zeit hohe 3-BP-Konzentrationen auf den Tumor einwirkten. Er erhielt zunächst 250 mg, nach zwei Wochen 128 mg und vier Wochen später eine weitere Dosis. Unerwünschte Wirkungen wurden nicht beobachtet. Die Autoren vermuten, dass die 3-BP-Therapie das Leben dieses Patienten verlängert und seine Lebensqualität verbessert hätten; allerdings starb er zwei Jahre später (5). Auf welcher Basis jeweils die Dosierungen von 3-BP ermittelt wurden, ist den Publikationen nicht zu entnehmen.


In der Zusammenschau ist festzuhalten: 3-BP wirkt möglicherweise zytotoxisch. Offenbar bedarf es einer speziellen Formulierung und Applikationsform. Potenziell wirksame Dosierungsbereiche und Toxizität sind nicht hinreichend bekannt. Daher erscheint nur die Anwendung als Heilversuch unter genau geprüften Umständen und unter Zustimmung einer Ethikkommission gerechtfertigt. Auf Rezepturen mit 3-BP trifft derzeit zu, was die AMK in den allgemeinen Empfehlungen ihrer Information zu »Bedenklichen Rezepturarzneimitteln« (6) als letzten Punkt anführt:


»Stoffe, gegen die Vorbehalte wegen unzureichender Daten bestehen, können in Rezepturarzneimitteln nur Mittel der ferneren Wahl sein. Die AMK rät von der Abgabe ohne ärztliche Verschreibung und von der defekturmäßigen Herstellung dringend ab.
Die Apotheke soll sich beim Arzt über die Hintergründe der Verordnung informieren und ihm ihre Vorbehalte, möglichst mit Literaturbelegen, erläutern. Apotheker und Arzt sollten anhand der Literaturdaten gemeinsam den zu erwartenden Nutzen und die möglichen Risiken für den individuellen Patienten bewerten; Therapiealternativen sollen erwogen werden. Bewertet einer der Beteiligten das Nutzen/Risiko-Verhältnis negativ, so soll die Rezeptur nicht angefertigt werden. Die Apotheke sollte die Ergebnisse der Nutzen/Risiko-Bewertung dokumentieren«. 
Darüber hinaus gilt: Wird in einer Apotheke eine Verschreibung für ein 3-BP-haltiges Rezepturarzneimittel vorgelegt, ist zunächst die pharmazeutische Qualität des Ausgangsstoffes und des Endproduktes sicherzustellen. Da dies hier voraussichtlich nicht entsprechend Paragraf 11 der ApBetrO möglich ist, müssen Apotheker und verschreibender Arzt Nutzen und Risiken auch im Hinblick auf die pharmazeutische Qualität und die vorgesehene Indikation gegeneinander abwägen (7). /


Quellen

  • Ko, Y.H. et al., Glucose catabolism in the rabbit VX2 tumor model for liver cancer: characterization and targeting hexokinase. Cancer Lett. 2001 (173) 83-91
  • Shoshan, M.C., 3-bromopyruvate: Targets and outcomes. J. Bioenerg. Biomembr. 2012 (44) 7-15
  • Glick, M. et al., The antitumor agent 3-bromopyruvate has a short half-life at physiological conditions. Biochem. Biophys. Res. Comun. 2014 (452) 170-173
  • El Sayed, S. M. et al.: Safety and outcome of treatment of metastatic melanoma using 3-bromopyruvate: a concise literature review and case study. Chin. J. Cancer 2014 (33) 356-364
  • Ko, Y.H. et al.: A translational study »case report« on the small molecule »energy blocker« 3-bromopyruvate (3BP) as a potent anticancer agent: from bench side to bedside. J. Bioenerg. Biomembr. 2012 (44) 163-170
  • AMK: Bedenkliche Rezepturarzneimittel. Pharm. Ztg. 2015 (160) 115-119 (Korrektur in Pharm. Ztg. 2015 (160) 109)
  • Ph. Eur. 9. Ausgabe, »Substanzen zur pharmazeutischen Verwendung« (9.0/2034), Seite 1299