AMK / Verschiedene Zulassungsinhaber Retinoid-haltiger Arzneimittel
informieren in Abstimmung mit der EMA und dem BfArM mittels
Rote-Hand-Brief über das Risiko von Teratogenität und
neuropsychiatrischen Nebenwirkungen (1).
Zu den Retinoiden zählen
Acitretin (▼), Adapalen, Alitretinoin (▼ bei oraler Anwendung),
Bexaroten, Isotretinoin (▼ bei oraler Anwendung), Tazaroten und
Tretinoin. Sie werden systemisch und lokal angewandt und sind indiziert
bei verschiedenen Hauterkrankungen, u. a. bei Akne und Psoriasis.
Tretinoin und Bexaroten werden zudem bei onkologischen Erkrankungen
eingesetzt.
Aufgrund der stark teratogenen Wirkung peroral
eingenommener Retinoide sind diese bei Schwangeren sowie bei Frauen, die
eine Schwangerschaft planen, kontraindiziert. Die Kontraindikation gilt
sicherheitshalber auch bei deren topischer Anwendung. Bei onkologischen
Indikationen ist ein Einsatz von oralem Tretinoin bei klinischer
Dringlichkeit auch bei Schwangeren zulässig.
Frauen im
gebärfähigem Alter dürfen die oralen Retinoide Acitretin, Alitretinoin
und Isotretinoin nur unter Einhaltung von
Schwangerschaftsverhütungsmaßnahmen einnehmen; diese werden in den
aktualisierten Schulungsmaterialien dargelegt. Die Schulungsmaterialien
wurden optimiert und harmonisiert; sie umfassen Checklisten für
Apotheker und Ärzte sowie Informationen für Patienten in Form einer
wirkstoffspezifischen Patientenkarte.
Das Schwangerschaftsverhütungsprogramm für orale Retinoide beinhaltet folgende Vorgaben:
- Der Arzt muss sicherstellen, dass die Patientin das teratogene Risiko verstanden hat.
- Die
Patientin muss einen Monat vor Beginn der Behandlung, während und
mindestens einen Monat nach Ende der Therapie (bei Acitretin: drei Jahre
nach Ende der Behandlung) ununterbrochen wirksame Verhütungsmethoden
anwenden.
- Die Patientin muss zur regelmäßigen Durchführung von Schwangerschaftstests bereit sein.
- Für
Patientinnen im gebärfähigen Alter darf die Höchstmenge je
Verschreibung den Therapiebedarf für 30 Tage nicht übersteigen.
Verschreibungen sind nur bis zu sechs Tage nach dem Tag ihrer
Ausstellung gültig.
- Die Arzneimittel Acitretin, Alitretinoin und
Isotretinoin müssen sofort abgesetzt werden, wenn die Patientin
schwanger ist oder eine Schwangerschaft vermutet.
Das
Schulungsmaterial weist zudem darauf hin, dass Patienten
Retinoid-haltige Arzneimittel nicht an andere Personen weitergeben und
unverbrauchte Kapseln zur Entsorgung in der Apotheke abgeben sollten.
Patienten dürfen während der Therapie mit Acitretin, Alitretinoin und
Isotretinoin und einschließlich einen Monat nach Absetzen der Behandlung
(bei Acitretin: drei Jahre nach der Behandlung) kein Blut spenden, da
bei einer schwangeren Empfängerin ein Risiko für den Fötus besteht.
Weiterhin
wurden die Produktinformationen bezüglich eines erhöhten Risikos
neuropsychiatrischer Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen,
Stimmungsschwankungen) aktualisiert. Zwar waren hierzu die vom PRAC
untersuchten Daten widersprüchlich und darüber hinaus besitzen Patienten
mit schwerwiegenden Hauterkrankungen an sich ein erhöhtes Risiko für
neuropsychiatrische Erkrankungen, jedoch ist nicht auszuschließen, dass
Retinoide dieses Risiko erhöhen.
Der Rote-Hand-Brief wird
zusammen mit dem Schulungsmaterial verschickt. Der Versand soll bis zum
9. September abgeschlossen sein (2). ApothekerInnen werden gebeten die
für den Patienten bestimmte Patientenkarte direkt zu übergeben, bis
diese jeder Packung beiliegt. Entsprechend der Laufzeit von bereits im
Markt befindlichen Packungen könnten noch bis Anfang 2022 vereinzelt
Packungen im Umlauf sein, denen keine Patientenkarte beiliegt (3).
Die
Fach- und Gebrauchsinformationen sowie das aktuelle Schulungsmaterial
(Stand Juni 2019) wurden bereits vom ABDATA-Pharma-Daten-Service für die
Softwareanbieter bereitgestellt.
Patienten sollten über Risiken
bei der Einnahme von Retinoiden angemessen informiert werden. Bei
Auftreten von neuropsychiatrischen Symptomen (z. B. Anzeichen einer
Depression) sollten Patienten an ihren behandelnden Arzt verwiesen
werden.
Weitere Informationen können Sie dem
Rote-Hand-Brief
entnehmen. Bitte melden Sie Verdachtsfälle von Nebenwirkungen im
Zusammenhang mit Retinoid-haltigen Arzneimitteln unter
www.arzneimittelkommission.de. /
Quellen
1) Bundesverband
der pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) an AMK
(E-Mail-Korrespondenz); Retinoid-Verfahren. (30. Juli 2019)
2) AMK an BPI (Korrespondenz); Nachfrage zum Retinoid-Verfahren. (21. August 2019)
3) AMK an BPI (Korrespondenz); Nachfrage zum Retinoid-Verfahren. (26. August 2019)