AMK / Die Zulassungsinhaber von Acitretin-, Alitretinoin- sowie
lsotretinoin-haltigen Arzneimitteln zur oralen Anwendung erinnern in
Abstimmung mit dem BfArM mittels Rote-Hand-Brief an die Einhaltung des
Schwangerschaftsverhütungsprogramms (pregnancy prevention programme;
PPP). Die Wirkstoffe sind stark teratogen und während der
Schwangerschaft kontraindiziert. Sie dürfen bei allen Frauen im
gebärfähigen Alter nur unter Beachtung aller Bedingungen des PPP
angewandt werden; die AMK berichtete (siehe Pharm. Ztg. 2019 Nr. 36,
Seite 95).
Die Retinoide Acitretin (▼), Alitretinoin (▼) und
Isotretinoin (▼) werden systemisch verwendet und sind indiziert bei
verschiedenen Hauterkrankungen, u. a. bei Akne und Psoriasis. In
Deutschland kommt es weiterhin zu Schwangerschaften bei Frauen, die
orale Retinoide einnehmen. Zudem ist die Anzahl an Mädchen und Frauen im
gebärfähigen Alter, die Isotretinoin einnehmen, zwischen 2004 und 2019
in Deutschland gestiegen.
Um die Effektivität der eingeführten
Risikominimierungsmaßnahmen zu bewerten, waren die Zulassungsinhaber
verpflichtet, eine Unbedenklichkeitsstudie (drug utilisation study; DUS)
mit dazugehöriger Umfrage durchzuführen. Diese zeigte, dass während der
Einnahme oraler Retinoide die Durchführung von Verhütungsmaßnahmen und
Schwangerschaftstests noch immer gering ist. Bei Frauen, die mit oralen
Retinoiden behandelt werden, treten weiterhin Schwangerschaften auf, von
denen die meisten zu einem Schwangerschaftsabbruch führen. Die Umfrage
zur Bewertung der Kenntnisse und der Einhaltung des PPP unter
verordnenden Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen bzw. deren
Betreuungspersonen zeigte, dass das Bewusstsein hinsichtlich der
teratogenen Risiken und der PPP vorhanden ist, jedoch ärztlich
überwachte Schwangerschaftstests nicht ausreichend durchgeführt und eine
wirksame Empfängnisverhütung während der Behandlung und nach Beendigung
nicht sichergestellt wurden.
Nun wird erneut an die risikominimierenden Maßnahmen zu oralen Retinoiden erinnert:
- Die zugelassenen Indikationen müssen strikt eingehalten werden.
- Vor
Beginn einer Behandlung muss eine Schwangerschaft sicher ausgeschlossen
werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen daher kurz (innerhalb der
letzten drei Tage) vor der ersten Verschreibung einen
Schwangerschaftstest unter ärztlicher Überwachung durchführen. Zudem
müssen sich diese Patientinnen während der Behandlung monatlich ärztlich
überwachten Schwangerschaftstests unterziehen. Nach Behandlungsende
muss einen Monat nach Absetzen von Isotretinoin oder Alitretinoin ein
ärztlich überwachter Schwangerschaftstest durchgeführt werden, nach
Absetzen von Acitretin müssen regelmäßig ärztlich überwachte
Schwangerschaftstests in ein- bis dreimonatlichen Abständen über einen
Zeitraum von drei Jahren durchgeführt werden.
- Frauen im
gebärfähigen Alter müssen mindestens einen Monat vor Beginn der Therapie
und während der gesamten Behandlung eine wirksame Empfängnisverhütung
gemäß PPP ohne Unterbrechung anwenden. Unter bestimmten Bedingungen sind
Kontrazeptiva erstattungsfähig. Dies sollte vorher mit der zuständigen
Krankenkasse geklärt werden. Nach der Therapie muss weiterhin eine
wirksame Empfängnisverhütung gemäß PPP angewendet werden: für
Isotretinoin und Alitretinoin über einen Zeitraum von einem Monat nach
Beendigung der Behandlung und für Acitretin über einen Zeitraum von drei
Jahren nach Beendigung der Behandlung.
- Dies gilt für alle
Frauen im gebärfähigen Alter, auch für sexuell inaktive Patientinnen und
Frauen mit Amenorrhoe (es sei denn, es treffen die in den
Fachinformationen und Schulungsmaterialien der oralen Retinoide
aufgelisteten Ausnahmekriterien zu).
Die AMK bittet
Apothekerinnen und Apotheker, Patientinnen angemessen zum Risiko zu
informieren und an die Einhaltung des PPP zu erinnern. Weitere
Informationen können dem Rote-Hand-Brief entnommen werden.
Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken im Zusammenhang mit der
Anwendung Retinoid-haltiger Arzneimittel sind bitte unter
www.arzneimittelkommission.de zu melden. /
Quellen
BfArM;
Rote-Hand-Brief zu oralen Retinoiden (Acitretin, Alitretinoin und
lsotretinoin): Erinnerung an die bestehenden Einschränkungen zur
Verhinderung der Exposition während der Schwangerschaft. www.bfarm.de →
Arzneimittel → Pharmakovigilanz → Risikoinformationen → Rote-Hand-Briefe
und Informationsbriefe (Zugriff am 2. Mai 2024)