AMK / Der AMK wurde aus einer Apotheke das Auftreten einer
unerwünschten Arzneimittelwirkung im zeitlichen Zusammenhang mit der
Anwendung von Lenzetto (Estradiol) 1,53 mg/Sprühstoß, transdermales
Spray, berichtet. Eine 49-jährige Hundezüchterin applizierte täglich
drei Sprühstöße auf ihren linken Unterarm aufgrund von
Wechseljahresbeschwerden wie Schwitzen, Schlafstörungen und
Stimmungsschwankungen. Das Dosierspray ist zur Hormonersatztherapie in
der Postmenopause indiziert.
Daraufhin zeigten weibliche
Hundewelpen vier Monate nach Beginn der Anwendung des Estradiol-Sprays
vergrößerte Vulven und Zitzen; ebenso ein zweiter Wurf sieben Monate
nach der ersten Anwendung. Die Züchterin beobachtete die Symptome auch
bei erwachsenen Hündinnen im Alter zwischen zwei und fünf Jahren; hier
wurde jedoch kein genauer zeitlicher Zusammenhang berichtet. Nach
Absetzen des Sprays und Umstellen auf Estradiol zur oralen Einnahme
gingen die Symptome bei den Hunden zurück.
Im Rahmen des
Follow-Ups der AMK zur Meldung bestätigte die Anwenderin, dass nach
abendlicher Applikation des Sprays und bis zum nächsten Morgen (nach dem
Duschen) regelhaft kein Kontakt mit den Hunden bestand. Dabei wurde das
Spray in der Regel auf dem Sofa angewendet, die Hunde befanden sich
während des Auftragens in ausreichender räumlicher Distanz. Tagsüber
hätten sich die Hunde allerding auch auf der Decke des Sofas aufgehalten
und insbesondere die Hundewelpen mussten auf dem (linken) Arm getragen
werden. Eine versehentliche orale Applikation des Sprays durch die Tiere
schloss die Züchterin aus.
Zum Zeitpunkt der Meldung
enthielten die Produktinformationen von Lenzetto keine Hinweise zum
Risiko einer unbeabsichtigten Exposition auf andere. Aufgrund von
verfügbaren Daten aus Literatur und Spontanberichten empfahl der PRAC
zwischenzeitlich, die Fach- und Gebrauchsinformationen
Estradiol-haltiger Arzneimittel zur transdermalen Anwendung bezüglich
des Risikos einer akzidentellen Übertragung auf Kinder und Haustiere
anzupassen (1). Ausgenommen hiervon sind Arzneiformen zur vaginalen
Anwendung. Nach revidiertem Beschluss der Koordinierungsgruppe (CMDh)
müssen betroffene Präparate den Warnhinweis nur bezüglich der
Übertragung auf Kinder enthalten, nicht aber auf Haustiere, da sich die
Information nur auf Risiken für Menschen beschränken sollten.
Im genannten Fall sieht die AMK, ebenso wie die zuständige
Bundesoberbehörde, das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL), den Kausalzusammenhang zwischen der
Anwendung von Lenzetto und dem Auftreten der UAW bei Hunden als möglich
an. Daher soll an das Risiko für (schwerwiegende) UAW durch
versehentliche Übertragung von topisch angewandten Hormonpräparaten mit
Estradiol oder Testosteron auf die den Patienten nahestehende Personen,
insbesondere Kinder, sowie auch auf deren Haustiere erinnert werden.
Mögliche Nebenwirkungen können das Auftreten von frühzeitigen
Pubertätssymptomen, Virilisierung oder Gynäkomastie umfassen (2, 3).
Die AMK bittet Apothekerinnen und Apotheker, Patienten hinsichtlich des
genannten Risikos durch akzidentelle Exposition angemessen zu
informieren. Behandelte Hautflächen sollten mit Kleidung abgedeckt sein
und nach der Applikation die Hände gereinigt werden. Bei versehentlicher
Exposition mit Hormonpräparaten sollten die betroffenen Kontaktstellen
umgehend gereinigt werden.
Risiken im Zusammenhang mit der
Anwendung von Sexualhormon-haltigen Arzneimitteln, auch aufgrund einer
unbeabsichtigten Exposition, können online unter
www.arzneimittelkommission.de gemeldet werden. /
Quellen
1)
BfArM; Umsetzung des einstimmigen Beschlusses der Koordinierungsgruppe
EMA/CMDh/213132/2022 Rev. 1 vom 19.05.2022 betreffend die Zulassungen
für Humanarzneimittel mit dem Wirkstoff Estradiol (außer als
Creme/Balsam/Emulsion zur Anwendung im weiblichen Genitalbereich).
www.bfarm.de → Arzneimittel → Pharmakovigilanz → PSURs/PSUSA → PSUSA
(Zugriff am 28. November 2023)
2) Bick, N. et al; Akzidentelle
Übertragung topisch angewandter Sexualhormone auf Kinder und Haustiere.
Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2022, Ausgabe 2: 15-26
3) AkdÄ;
Aus der UAW-Datenbank: Pseudopubertas praecox nach akzidenteller
Übertragung von Estradiol-Gel auf Kind. Dtsch. Ärztebl. 2023, (120) 5:
A215-A216.