AMK / Ende Dezember 2020 hatte das BfArM frühere Anordnungen zu
kindergesicherten Verpackungen von Fertigarzneimitteln des ehemaligen
Bundesgesundheitsamtes (BGA) aus den 1980er Jahren aufgehoben (1,2). Die
Anordnungen verpflichteten Zulassungsinhaber bei mehreren Hundert
Wirkstoffen entsprechende Arzneimittel nur in kindergesicherter
Verpackung in den Verkehr zu bringen, „um die Gefahr des Missbrauchs
durch Kinder zu verhüten“ (3).
Die Bundesoberbehörde begründet
die Aufhebung mit der notwendigen Harmonisierung europäischer Verfahren
zur Arzneimittelzulassung. Teilweise befänden sich identisch
zusammengesetzte Arzneimittel in verschiedenen Primärpackmitteln.
Überdies seien die in der Anordnung genannten Wirkstoffe unvollständig,
deren unbeabsichtigte Einnahme durch Kinder gesundheitliche Nachteile
bewirken.
Im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes werden
zukünftig Arzneimittel in der EU harmonisiert nur noch mit dem Hinweis
versehen, dass „Arzneimittel außerhalb der Reich- und Sichtweite von
Kindern aufzubewahren sind" (Art. 54 Buchstabe f der Richtlinie
2001/83/EG bzw. § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 AMG). Für bestimmte
Darreichungsformen gelten EU-Guidelines, wie beispielsweise für
wirkstoffhaltige Pflaster die „Guideline on Quality of transdermal
patches“ (EMA/CHMP/QWP/608924/2014).
Sollten diese Maßnahmen bei
einem konkreten Arzneimittel nicht ausreichen, um Schaden von Kindern
durch ein versehentliches Verschlucken abzuwenden, können nach § 28
Absatz 2 Nummer 5 AMG Auflagen für eine kindergesicherte Verpackung
angeordnet werden.
Für feste orale Darreichungsformen wurden in
der Regel verschiedene kindergesicherte Blister verwendet. Diese
unterschieden sich von üblichen Blistern durch z.B. undurchsichtiges
Material und in der Regel durch eine besonders dicke, feste Deckfolie;
zumeist eine beschichtete Aluminiumfolie. Bei Importarzneimitteln, die
im EU-Ausland nicht in kindergesicherten Packungen vertrieben werden,
setzte der Importeur daher z. B. zusätzlich eine sogenannte Blisterhaube
auf, um den hiesigen Anordnungen an die Kindersicherheit zu genügen
(3).
Die AMK überblickt Fälle zu akzidenteller Einnahme von
Arzneimitteln durch Kinder, fehlender kindergesicherter Verpackung sowie
verletzten Patienten, die sich an kindergesicherten Blistern bei der
Entnahme der Tabletten geschnitten hatten. Insbesondere für ältere
Personen und Menschen mit Behinderungen gelingt die Entnahme einzelner
Arzneiformen aus kindergesicherten Verpackungen häufiger nicht, so dass
im Laufe der Jahre von einzelnen Firmen entsprechende Entnahmehinweise
in den Beipackzetteln aufgenommen wurden. Aber auch Chargenrückrufe
wurden durchgeführt, wenn Zulassungsinhaber den Auflagen zur
Kindersicherung nicht nachkamen.
Die genannten Berichte haben
zwischenzeitlich den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu
kindergesicherten Verpackungen und die regulatorische Entscheidungsbasis
bereichert (4). Auch deshalb dürften die BGA-Anordnungen als veraltet
gelten (1).
Die AMK bittet auch weiterhin um entsprechende
Aufmerksamkeit und Meldung von unerwünschten Ereignissen und Wirkungen
im Zusammenhang mit (kindergesicherten) Packmitteln unter
www.arzneimittelkommission.de.
Quellen
1) BGA;
Kindergesicherte Verpackungen für Arzneimittel Anordnung einer Auflage
nach § 28 Arzneimittelgesetz vom 17. September 1984 (BAnz Nr. 178 vom
20. September 1984, S. 10683); z.B. unter: z.B. unter www.bfarm.de →
Arzneimittel → Pharmakovigilanz → Risikoinformationen
Risikobewertungsverfahren → Maßnahmen für die Verwendung
kindergesicherter Verpackungen für Arzneimittel (Zugriff am 25. Januar
2021)
2) BfArM; Bekanntmachung der Aufhebung von
Allgemeinverfügungen des Bundesgesundheitsamtes (Anordnungen einer
Auflage nach § 28 des Arzneimittelgesetzes – kindergesicherte
Verpackungen für Arzneimittel) vom 1. Dezember 2020. (BAnz AT 23.12.2020
B9) www.bundesanzeiger.de (Zugriff am 4. Januar 2021)
3) AMK; Erschwerte Entnahme aus kindersicheren Blisterpackungen. Pharm. Ztg. 2010 (155) 33:99.
4) van Riet-Nales, Diana A.; 2016. Regulatory incentives to ensure
better medicines for older people: From ICH E7 to the EMA reflection
paper on quality aspects. Int J Pharm. 2016 (512) 2:343-351.