AMK / Seit der jeweiligen Vermarktung von Foster®, Inuvair® und
Trimbow® als Dosieraerosol mit Dosiszählwerk verzeichnet die AMK eine
zunehmende Anzahl an Spontanberichten aus Apotheken (siehe Abb. 1).
Die Inhalatoren Foster® und Inuvair® mit den Wirkstoffen Beclometason
und Formoterol dienen der regelmäßigen Behandlung von Patienten mit
Asthma bzw. der symptomatischen Therapie der COPD. Für die letztere
Indikation steht jüngst mit Trimbow® zudem eine Dreifachkombination mit
dem zusätzlichen Anticholinergikum Glycopyrronium zur Verfügung.
Dosiszählwerke gelten heute als Standard und unterstützen durch die
Anzeige der restlichen Dosen Patienten bei der korrekten Inhalation und
Bevorratung. Zwar ist bekannt, dass verbesserte sensorische
Rückmeldungen, insbesondere bei Pulverinhalatoren, eine höhere
Spontanberichtsrate mitbedingen können (1), aber bei den o. g.,
vergleichsweise unkomplizierten, Dosieraerosolen war dieser Anstieg aus
Sicht der AMK unerwartet.
Der Aufbau der Dosieraerosole ist wie
folgt: Die Wirkstoffe liegen gelöst in einer Druckgaspatrone vor. Ein
Ventilstift aus dem Druckbehälter grenzt an eine Kammer mit Düse und
Austrittsöffnung. Gleich einer Manschette umgibt das Zählwerk die
Kammer. Beim Niederdrücken der Patrone gelangt ethanolische
Wirkstofflösung in die Kammer, die durch das Treibgas Norfluran an der
Austrittsöffnung vernebelt wird. Der Zählerstand vermindert sich durch
das Niederdrücken entsprechend. Zur Aufnahme eines Zählwerks wurden
jeweils geringfügige bauliche Veränderungen des Inhalators nötig (siehe Abb. 2).
Im Zeitraum von 2013 bis Ende 2019 wurden der AMK insgesamt 478
Verdachtsfälle über Risiken zu den o. g. Dosieraerosolen, einschließlich
ihrer Importe (11 %), gemeldet. Über die Hälfte der Meldungen (n=277)
bezogen sich auf einen gestörten Auslösemechanismus. Insgesamt entfielen
64 Berichte auf Nebenwirkungsverdachtsfälle, wobei diese in 18 Fällen
(13 allein in 2019) im engen zeitlichen Zusammenhang mit einer
Fehlfunktion des Dosieraerosols auftraten.
Die Inhalatoren
wurden, soweit berichtet, von Patienten mit Asthma (n=5), COPD (n=2),
Mischformen aus beiden (n=1) sowie Zustand nach pulmonalem Infekt (n=2)
angewandt. Durchschnittlich inhalierten die im Median 51 Jahre alten
Patienten regelmäßig 320 µg Beclometason und 15,6 µg Formoterol pro Tag;
acht Mal fehlten entsprechende Angaben. In den genannten 18 Fällen
enthielten die Sprays im Mittel noch 53 Sprühstöße, als Nebenwirkungen
im Zusammenhang mit Funktionsproblemen beobachtet wurden; dreimal wurde
der Zählerstand nicht berichtet. Die Patienten litten unter der
Anwendung der Inhalatoren am häufigsten an Luft- bzw. Atemnot oder gaben
eine Minderwirkung an. Zur Linderung der Atemnot wurde in drei Fällen
eine Dosiserhöhung oder zusätzliche Medikation berichtet. In einem Fall
wurde bei einem 47-jährigen Patienten, der bei Bedarf bis zu sechs
Sprühstöße pro Tag inhalierte, ein Asthmaanfall infolge einer verlegten
Düse berichtet. Das noch 29 Resthübe anzeigende Spray sei unerwartet
leer. Dabei enthielt es schließlich doch Lösung, ohne sie freizusetzen.
Weiterhin wurden am häufigsten weiße Ablagerungen an der
Austrittsöffnung (n=12), keine oder zu schwache Sprühstöße (n=11),
erfolglose Reinigungsversuche (n=4) sowie ein stehendes Zählwerk (n=2)
berichtet.
Eine Therapiepause, die ihrerseits als Risikofaktor
für verstopfte Düsen bekannt ist (2), wurde in keinem Fall berichtet.
Soweit dokumentiert, erfolgte in acht Fällen eine Reexposition mit dem
fehlerhaften Dosieraerosol mit nachfolgender Verschlechterung der
Symptomkontrolle und erneutem Verdacht auf eine Funktionsstörung. Wurde
hingegen ein neues Spray verwendet, verbesserten sich die Symptome wie
erwartet.
Die vorgenannten 18 Fallberichte umfassten insgesamt
17 verschiedene Chargen, zu denen 12 Reklamationsmuster für
Untersuchungszwecke zur Verfügung standen. Die Eingangsprüfungen der AMK
bestätigten vor allem weiße Ablagerungen an der Austrittsöffnung (n=8)
und am Ventilstift der Patrone (n=5) sowie das Nichtauslösen der
Dosieraerosole (n=2). Auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker
(ZL e.V.) bestätigte bei insgesamt fünf von sieben Mustern eine fehlende
oder verminderte Aerosolabgabe. Verschlossene Düsen ließen in einigen
Fällen das Aerosol bei entsprechendem Niederdrücken retrograd austreten,
wodurch die Ventilstifte bzw. die Patrone mit weißen Ablagerungen
überzogen wurden und firmenseitig Wirkstoffspuren an der Außenseite der
Patrone gefunden werden konnten.
Eine Analyse der Meldedaten der
AMK aus den Jahren 2018 und 2019 zeigt für Foster® mit 200 µg
Beclometasondipropionat eine fast 3-fach höhere Assoziation (reporting
odds ratio 2,8; 95 %-Konfidenzintervall: 1,3-6) für eine gestörte
Aerosolfreisetzung im Vergleich zu den geringer dosierten Inhalatoren
der o. g. Präparate.
Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe,
dass die Löslichkeit des Beclometasondipropionat durch Verdunsten des
Ethanols herabgesetzt wird und Wirkstoffkristalle an der engen
Austrittsöffnung die Düse verschließen. Kristalle können sich auch innen
an der Düse bilden (siehe Abb. 3).
Kleine Agglomerate an der Innenwand der Kammer könnten sich beim
Auslösen eines Sprühstoßes lösen und vor die Austrittsdüse legen.
Die berichteten Phänomene sind zeitlich mit der Einführung des
Zählwerks der jeweiligen Dosieraerosole assoziiert. Es lässt sich jedoch
nicht verifizieren, ob die baulichen Veränderungen eine verstärkte
Kristallisation (mit)bedingen oder erst aufgrund des ersichtlichen
Zählerstandes eine Funktionsstörung auffällt.
Das empfohlene
Reinigungsverfahren in den Gebrauchsinformationen half in einigen Fällen
nachweislich nicht, verschlossene Düsen wieder freizulegen. Teilweise
gelang es erst im Labor (ZL) mittels Ethanol bzw. durch mehrmaliges (bis
zu neun Mal) Niederdrücken der Patrone, die Kristalle zu lösen und die
Düse wieder durchgängig zu machen. In diesen Fällen konnte das ZL stets
gleichmäßige Aerosole mit entsprechender Masse und Identität im
Vergleich zu einem Referenzprodukt ermitteln.
Auf Basis der o. g. Befunde und der Literatur (3) gibt die AMK folgende Empfehlungen und Hinweise:
- Bei
verminderter bzw. fehlender Aerosolabgabe ist der Inhalator mehrfach
hintereinander auszulösen, bis wieder gleichmäßige Sprühstöße beobachtet
werden können.
- Insbesondere Asthmatiker, die mit höheren
Dosierungen bzw. der 200 µg-Beclometason-Stärke behandelt werden,
sollten ab einem Zählerstand von etwa 50 Resthüben vor Beginn der
Inhalation(en) einen Sprühstoß in die Luft abgeben, um eine einwandfreie
Aerosolbildung festzustellen.
- Die Zähleranzeige kann bei
verschlossener Düse aufgrund des erhöhten Gegendrucks beim Niederdrücken
der Patrone unzuverlässig sein.
- Asthmapatienten sind bei
Verwendung o. g. Zweifachkombinationen darauf hinzuweisen, ihren
separaten schnellwirkenden Bronchodilatator für eine Notfallanwendung
jederzeit griffbereit zu haben.
- Das Mundstück sollte zur Minimierung der Verdunstung des Ethanols mit der Kunststoffkappe verschlossen werden.
Ferner
erinnert die AMK daran, dass nach der ersten Anwendung die
Verwendbarkeitsdauer auf 3 Monate, statt vormals 5 Monate, verkürzt
wurde (4).
Nebenwirkungen bei Verwendung von Dosieraerosolen
sind bitte mittels UAW-Formular unter www.arzneimittelkommission.de zu
melden, auch wenn hintergründig ein Qualitätsmangel vermutet wird.
Patienten, die einen Qualitätsmangel vermuten, sollten auch auf ggf. im
zeitlichen Zusammenhang beobachtete (Minder-)Nebenwirkungen befragt
werden. /
Quellen
1) AMK; Apotheken beanstanden:
Genuair®-Inhalator kann von einigen Patienten nicht ausgelöst werden.
Pharm. Ztg. 2015, (160) 9: 99-100.
2) Gebrauchsinformation Foster 100/6 Mikrogramm Druckgasinhalation, Stand Februar 2014.
3) arznei-telegramm; Netzwerk aktuell, Unvollständige
Wirkstoffabgabe aus Foster (Formoterol plus Beclometason)-Inhalat. 2020
(51) 3: 24.
4) Fachinformation Foster 100/6 Mikrogramm Druckgasinhalation, Stand November 2018.