AMK / Die AMK erreichte eine Meldung aus einer Apotheke zum
Mindergehalt zweier Chondroitin-haltiger Nahrungsergänzungsmittel (NEM).
Die Apotheke monierte, dass die Präparate nicht den deklarierten Gehalt
bzw. Inhaltsstoff enthalten. Eines der Produkte wird mit einer eigenen
Pharmazentralnummer in der ABDA-Datenbank gelistet.
Chondroitinsulfat
ist ein physiologischer Bestandteil des Gelenkknorpels und in
zahlreichen NEM enthalten. Chondroitin-haltige Arzneimittel zur oralen
Anwendung werden aktuell nicht in Deutschland vertrieben (1).
Im
Auftrag der AMK untersuchte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker
e. V. (ZL) die Muster aus der Apotheke. Das ZL konnte den Sachverhalt
durch Laboranalytik bestätigen. Hierzu wurden verifizierende
Untersuchungen mittels IR Spektroskopie und
Größenausschlusschromatographie durchgeführt. Die Abbildungen der IR
Spektren eines der reklamierten Produkte wie auch das IR Spektrum der
Referenzsubstanz Chondroitinsulfat-Natrium sowie Maltodextrin können hier entnommen werden.
Maltodextrin
6 ist zwar nicht als Inhaltsstoff des NEM deklariert, wurde aber von
der IR Datenbank als mögliche Identität der untersuchten Probe
vorgeschlagen. Tatsächlich entsprechen die IR Spektren des reklamierten
Produktinhaltes weniger Chondroitinsulfat-Natrium, sondern der
Referenzsubstanz Maltodextrin 6. Dessen Vorhandensein konnte auch
mittels des in der Ph. Eur. Monographie 1542 Maltodextrin aufgeführten
Glucoseteststreifenverfahrens bestätigt werden.
Des Weiteren
wurden die beiden reklamierten Produkte semi-quantitativ mittels
Größenausschlusschromatogaphie überprüft. Dabei konnten in beiden
Präparaten lediglich Spuren von Chondroitinsulfat nachgewiesen werden;
weit unterhalb der Menge, die auf dem Produkt deklariert ist. Ein
ähnliches Ergebnis ergab sich bei der Überprüfung einer weiteren Charge
eines der beiden betroffenen NEM.
Die AMK konfrontierte die Firma
mit den Analyseergebnissen und informierte begleitend die zuständige
Behörde. Der AMK gegenüber bestätigte die Firma mittels Stellungnahme
den Mindergehalt und erklärte, dass sich der tatsächliche Gehalt an
Chondroitin in dem Rohstoff nicht mit den Angaben im Analysezertifikat
des Lieferanten decke. Die Firma entschied sich gegen einen Rückruf der
betroffenen Ware, auch weil nicht von einer potenziellen Gefahr für die
Gesundheit der Verbraucher auszugehen sei (2).
Die AMK möchte
Apothekerinnen und Apotheker dahingehend sensibilisieren, dass
Qualitätsanforderungen der NEM nicht den von Arzneimitteln genügen
(müssen), weshalb deren Qualität stets kritisch hinterfragt werden
sollte. Für NEM gelten die Vorschriften des Lebensmittelrechts. Den
Marktzugang erreichen NEM durch Anzeige an das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) (3, 4). Die Kontrolle
von NEM obliegt den Lebensmittelüberwachungsbehörden der Länder (5).
Informationen in Bezug auf Identität, Zusammensetzung und Menge dürfen
nicht irreführend sein, aber Mengenangaben auf der Verpackung von NEM
können bis zu 50 Prozent von der tatsächlichen Menge im Produkt
abweichen (6, 7). Eine Qualitätsprüfung jeder produzierten Charge vor
Inverkehrbringen durch den Hersteller ist zudem nicht verpflichtend
vorgesehen (8).
Offensichtlich erfolgte auch im vorliegenden
Fallbeispiel keine regelmäßige Qualitätskontrolle. Maltodextrin ist ein
kostengünstiges, geruchs- und geschmacksneutrales Kohlenhydrat. Es ist
daher nicht ausgeschlossen, dass ein (möglicher) Zusatz von (nicht
deklariertem) Maltodextrin 6 u. a. als Ersatz von Chondroitinsulfat
vorsätzlich erfolgt sein könnte.
Die AMK kritisiert die aktuell
niedrigen EU-weiten regulatorischen Anforderungen bei NEM und erkennt es
als notwendig an (Qualitäts-)Kontrollen bzw. -Standards anzupassen,
womit eine höhere Sicherheit dieser Produkte gewährleistet werden würde.
Die AMK empfiehlt Apothekerinnen und Apothekern grundsätzlich den
Bedarf an NEM stets kritisch zu hinterfragen und sich bei begründeten
Zweifeln an der Qualität eines als NEM vertriebenen Produktes an die
zuständige Behörde zu wenden. /
Quellen
1) BfArM, AMIce Datenbank – Chondroitin-haltige Arzneimittel. (Zugriff am 18. Oktober 2023)
2) Hersteller an AMK (E-Mail-Korrespondenz); AMK-Fallnr. 266206 und
266208 zu Chondroitin 500 mg [...]. (30. August und 4. September 2023)
3) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV)
4) § 5 Abs. 1 Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV)
5) BVL; Landesbehörden. www.bvl.bund.de → Arbeitsbereiche →
Lebensmittel → Aufgaben → Wer macht was? (Zugriff am 28. September 2023)
6) Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Art. 7 Abs. 1 Lebensmittelinformationsverordnung
7) BVL; Nahrungsergänzungsmittel vs. Arzneimittel. www.bvl.bund.de
Arbeitsbereiche → Lebensmittel → Verbraucher → Nahrungsergänzungsmittel →
Weitere Informationen (Zugriff am 28. September 2023)
8) LGL
Bayern; Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln.
www.lgl.bayern.de → Gesundheit → Arzneimittel → Allgemeine
Informationen (Zugriff am 28. September 2023)